Guan Dao - Die Hellebardenform: Die Hellebarde des blaugrünen Drachen, der den Mond verhüllt - qing long yan yue dao oder Frühling-Herbst Hellebarde - chun qiu da dao
Chen Taijiquan: Lernen Sie Gong Fu (Kung Fu) in Frankfurt am Main: Kontakt Chen-FRA
Die Chen Hellebardenform Da Dao bzw. Guan Dao
Da Dao steht für Großer Säbel oder wörtl. großes Messer – die Hellebarde gehört zu den Säbelwaffen. Es gibt verschiedene Ausführungen des Großen Säbels. Am bekanntesten ist das Guan Dao, welches auch in unserer Chen Taijiquan Hellebardenform verwendet wird. Das Guan Dao, auch „Grüner Drache Mondsichel (Halbmond) Hellebarde“ genannt, erkennt man an dem Grünen-Drachen Kopf zwischen Klinge und Stiel. Die als Da Dao bezeichnete Waffe meint einerseits einen großen Säbel, der mit beiden Händen an einem Griffstück geführt wird, andererseits aber auch eine Hellebarde, die man als Frühling-Herbst Hellebarde - chun qiu da dao bezeichnet. Diese ist der Guan Dao sehr ähnlich, verfügt aber über einen Parierteller zwischen der Stange und Klingenblatt. Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal ist jedoch der fehlende Drachenkopf! Bei den modernen Versionen der Guan Dao findet man oft Parierteller und Drachenkopf - diese stellen also eine Mischung aus Guan Dao und Da Dao dar. Dies macht in meinen Augen auch Sinn, brauche ich das Elternteil doch für eine Reihe praktischer Techniken in der Fechtkunst mit dieser schönen Waffe. Demnach könnte man unsere Da Dao Form auch Guan Dao Form nennen.
Das Guan Dao / Da Dao ist eine schwere und ca. 2m und mehr lange Waffe. Sie besteht aus einer Stange mit einer geschärften Spitze ("Tsuan" oder "Bohrer") am hinteren Ende und einer breiten gebogenen Klinge an der Vorderseite. Auf dem Rücken der Klinge ist eine, traditionell rote, Quaste ( chui feng “windzerzaustes Ding“) angebracht. Diese ist nicht nur Dekoration - sie soll im Kampf die Aufmerksamkeit des Gegners stören. Die Klinge ist auf der einen Seite scharf (wie bei allen Messer- bzw. Säbelwaffen) und auf der anderen gezackt mit einem gebogenen Dorn, der es ermöglicht, andere Waffen aufzunehmen und zu binden. Eine Technik, die wir in unserer Hellebarden- (Guan Dao oder Da Dao) Form oft anwenden und lernen. Aufgrund seines relativ hohen Gewichts erfordert der Guan Dao rollende, drehende und kreisende Bewegungen. Die Hellebarde will laufen! Will ich mir die Eigenheiten dieser Waffe aneignen und zu nutze machen, macht es durchaus Sinn, sich einen etwas schwereren Guan Dao zum Üben der Form und zum praktischen Fechten zu besorgen. Sie sollte auch etwas größer sein, als die Person, die mit ihr übt (ich denke 20 bis 30 cm höher ist ein gutes Maß). Die Klinge sollte auch bei einer Übungswaffe stabil sein und sich nicht verbiegen lassen. Eine leichte Hellebarde, wie man sie normalerweise als Übungshellebarde zu kaufen bekommt, ist keine Hellebarde. Sie sieht nur so aus, bietet aber keine Möglichkeit wie eine Hellebarde eingesetzt zu werden, versuche ich doch, mir das Gewicht der Hellebarde in meinen Bewegungen zu Nutze zu machen. Kurz gesagt: Alles unter 3,5 bis 4 kg ist weniger geeignet! (Die antiken Waffen wogen einiges mehr – es ist die Rede von 18 kg und sogar 40 kg! Dazu muss man wissen, das man in früheren Zeiten in der Armee diese Waffe als Test für Offiziere verwendete. Diese mussten nicht mit einer 18 kg schweren Guan Dao kämpfen, sondern sollten sie lediglich schwingen, um ihre Körperkraft unter Beweis zu stellen. Noch heute findet man in einigen Gong Fu und Taijiquan Schulen sehr schwere Ausgaben dieser Waffe, die ebenfalls nur der Kräftigung dienen).
In der Theorie werden die 5 wichtigsten Teile der chinesischen Waffen oft wie folgt beschrieben: Erde, Himmel, Herrscher, Eltern und Meister. Bezogen auf unsere Guan Dao wären das (so stellt zumindest Leung Ting den Bezug): Bewege ich die Hellebarde im Angriff, so weißt die Schneide in aller Regel nach unten (so zumindest die Beschreibung – in der Praxis finden sich allerdings viele Anwendungen, in der die Schneide nach oben schaut), daher wird die Schneide der Erde gleichgesetzt. Der gezackte Rücken ist entsprechend der Himmel. Die Spitze am vorderen, sprich oberen, Ende der Klinge nennt man den Herrscher. Der Teller, bzw. das Parierstück, dient dem Schutz, so wie Eltern ihre Kinder beschützen, und wird daher den Eltern gleichgestellt. Der Stiel ist der Führer, der Meister. Lasse ich den Stiel los, verliere ich den Griff, so verliere ich die Macht, die Überlegenheit – meine Meisterhaftigkeit hat mich dann verlassen und der Kampf ist verloren.
Eine Hellebarde ist etwas für die fortgeschrittenen Taiji und Gong Fu Freunde. Unsere Form eignet sich neben dem hervorragenden Kampfkunstaspekt auch zur Übung des Gleichgewichts, der Kraft und der Ausdauer. Auch einen Qigonginhalt möchte ich dieser Form nicht in Abrede stellen, übe ich doch aufnehmende und zentrierende Energien (eine etwas schwerere Hellebarde vorausgesetzt).
Die Hellebarde vermittelt Kraft und Stärke, sie stellt eine fürchterliche Waffe im Kampf dar, sie wurde aufgrund der geschärften Zähne vor dem Dorn auf der Rückseite der Klinge, auch „Schöne blutige kalte Säge“ genannt, was so einiges über sie aussagt.
Einige Worte zur Geschichte der Waffe
Der Name Guan Dao geht auf den legendären Held General Guan Yu (ca. 160-219) zurück, der nach der Legende diese Waffe entwickelte. Guan Yu lebte in China während der Han-Dynastie (206 v. Chr. - 220 n. Chr.) und der Periode der Drei Reiche (189 (bzw.220)-280 n. Chr.). Er war ein Kampfgefährte von Liu Bei, dem Begründer des Shu Reiches. Guan Yu kämpfte während des Bürgerkriegs am Ende der Han Zeit auf Seiten Liu Beis gegen die aufständische Bauerngruppierung Gelbe Turbane (Die Gelben Turbane waren ein Geheimbund mit daoistischer Färbung, sie kämpften für mehr soziale Gerechtigkeit).
Im weiteren Verlauf der Geschichte, diente Guan Yu nach seiner Gefangennahme durch die Truppen Cao Caos zeitweise als General unter Cao Cao. Cao Cao war ein großer und berühmter Kriegsfürst und Gegner Liu Beis. Jedoch war er wohl einer der weniger angenehmen Gesellen seiner Zeit. Er wird als grausamer und gnadenloser Despot beschrieben, aber auch als gewissenhafter Herrscher und militärisches Genie. Guan Yu wurde unter Cao Cao zum Herzog von Hanshou ernannt.
Später brach Guan Yu jedoch mit Cao Cao und kehrte zu seinem früheren Herrscher Liu Bei zurück. Nun führte er wieder das Heer unter Liu Bei, dem Gründer der Shu Han-Dynastie und wurde als einer der Fünf Tigergeneräle bekannt. Im Jahr 219 scheiterte er jedoch im Kampf gegen die Truppen von Cao Cao und wurde von General Lü Meng hingerichtet. Sein abgeschlagener Kopf wurde Cao Cao überbracht, der ihn mit allen Ehren begrub. Guan Yu war berühmt für seine Stärke und sein militärisches Genie. Er war barmherzig und wurde in hohem Maße für seine Weisheit, Ehrlichkeit und Mitgefühl verehrt. Er war der Inbegriff für Gerechtigkeit, für Treue und Demut. Guan Yu / Guan Gong wurde später zu einem Gott erhoben und seitdem als Kriegsgott und Patron der chinesischen Kampfkünste verehrt. Sein Konterfei ziert noch heute die Wände vieler Kung Fu Schulen und Ämter in China.
Ein weiterer Name unserer Hellebardenform ist: Die Hellebarde des blaugrünen Drache, der den Mond verhüllt.
Nachdem Guan Yü seine Hellebarde bei einem Schmied in Auftrag gegeben hatte, erschien diesem beim Schmieden der Klinge ein grüner Drache (was schon mal passieren kann wenn man den ganzen Tag bei brütender Hitze an der Schmiede steht). Dieser Drache allerdings wurde zerschnitten und der Körper wurde ein Teil der Hellebarde. Dies machte die Hellebarde zu einer magischen Waffe.
Die Hellebardenform:
Unsere Hellebardenform geht auf Chen Wangting (1597-1664; 9. Generation Chen Familie, entwickelte das Taijiquan) zurück, der ein Meister dieser alten Waffe war. Chen Wangting war so berühmt für seine Hellebarde, dass man ihn auch "Zweiter Meister Guan" nannte. Das Guan Dao ist aufgrund seines Gewichts im Zweikampf eher eine defensive Waffe. Sie wurde zu Pferd (Kavallerie) aber auch infanteristisch genutzt. Der Guan Dao war keine Waffe für die Truppe, wie etwa der Säbel oder der Speer. Er war eine Waffe für die Spezialisten unter den Kriegern auf den Schlachtfeldern des alten China.
In unserer Guan Dao Form finden sich Schnitte diagonal von oben nach unten und von unten nach oben. Ebenfalls finden sich horizontale Schnitte. Es gibt Stiche mit dem Blatt - dem Herrscher, und mit der Spitze - dem Bohrer. Man findet reißende Bewegungen mit dem Dorn, wirbelnde Figuren (Der Tiger springt rundum auf der Stelle), die einiges an Kraft in Kombination mit Dynamik erfordern um die Figur mit einer schweren Waffe ausführen zu können. Hier wird ein zurückweichender Gegner verfolgt. Im Normalfall greife ich den Guan Dao jedoch recht kurz, mit der rechten Hand nahe der Klinge. Das bedeutet, dass ich näher an meinen Gegner heran muss, als es die Größe der Hellebarde auf den ersten Blick erahnen lässt, will ich ihn treffen. Dies erreiche ich meist aus der Defensive heraus, in ein bis drei Schritten. Allerdings bietet mir diese große Waffe eine Vielzahl an Variationsmöglichkeiten. Es finden sich Abwehr und aufnehmende Bewegungen der Gegnerischen Waffe mit dem Teller, der Stange oder der Rückseite des Klingenblattes, gefolgt von einem Gegenangriff. Es gibt drehende Sprünge und kreisende Schrittkombinationen um den Gegner herum in dieser anspruchsvollen und dynamischen Waffenform.
Es wird versucht, die Waffe des Gegners zu binden um dann mit rollenden Bewegungen vorwärts zu schreiten, in den Gegner zu hacken oder ihn mit der großen, furchterregenden Klinge zu zerschneiden. Es finden sich weitere Sprünge und noch einige Techniken mehr in unserer Form, die auch zu Pferd angewendet werden können. Ferner wurde der Guan Dao auch eingesetzt, um eben diese, die Pferde, auf dem Schlachtfeld anzugreifen. Die Figur "Mit der Hellebarde herumdrehen und sie unten an der Stange fassen" könnte einen solchen Zweck erfüllen; genau sagen kann ich es jedoch nicht, da ich es mangels Pferd und aus moralischen Gründen nicht testen kann und will. (Die Attacke kann sich von unten gegen einen Gegner in höherer Position richten – wahrscheinlich zu Pferd – das Pferd selbst wird wohl nicht angegriffen in dieser Figur. Der genaue Ablauf der Anwendung muss von uns noch in der Praxis ausgearbeitet werden. Generell hat man als Infanterist in der Schlacht wohl eher die Beine der Pferde angegriffen, insofern man überhaupt Gelegenheit dazu hatte). Kurzum, das Guan Dao ist eine tolle Waffe, die dem Übenden allerdings sehr viel abverlangt – körperlich wie geistig.
Die Figuren der Chen Hellebarden-Form
In der Chen Taijiquan Hellebarden-Form finden sich noch weitere Personen, die ich kurz vorstellen möchte.
Doch zuvor einige Worte zu der Zeit, in der die genannten Personen wirkten:
Zeit der Drei Reiche (220 bzw. 189 - 280 n. Chr)
Die Drei Reiche begannen offiziell ab 220 n. Chr. jedoch hatte die kränkelnde Han- Regierung schon mit der Machtergreifung Dong Zhuos 189 n. Chr. ihren Einfluss verloren und quasi aufgehört zu existieren. Die lokalen Machthaber, die bis dahin zumindest dem Anschein nach den kaiserlichen Befehlen gehorchten, sagten sich nun offen von der Zentralregierung los.
Am Ende der Han rangen drei große Konkurrenten um die Macht. Jedoch war keiner stark genug, um seine beiden Rivalen zu vernichten. So zerfiel das Kaiserreich China in drei Königreiche: Die Wei im Norden, Wu im Süden und Shu Han im Westen. Diese Periode trägt den Namen: Die Drei Reiche.
Cao Cao
Cao Cao (155-220 n. Chr. ) war ein despotischer Kriegsherr zur Zeit der Han Dynastie und der Periode Drei Reiche. Er war einer der Krieger und Kämpfer, die während der kämpferischen Zeiten der verfallenden Han Dynastie nach oben gespült wurden. Er galt als streng und grausam aber auch als tolerant. Seine Erfolge im Kampf gegen die Gelben Turbane brachten ihm zunächst einen Posten als Gouverneur ein. Intrigen beherrschten diese Zeit. Der Kaiser verlor zunehmend seine Macht und wurde schließlich ermordet. Dies ermöglichte geschickten Kriegsherren die Möglichkeit des Aufstiegs. So bekämpfte Cao Cao die Truppen der neuen Machthaber (insofern man von Machthabern sprechen kann, während einer Zeit, die von einem Vakuum der politischen Macht, von Korruption und Vetternwirtschaft geprägt war) und nahm weite Teile Chinas ein. Er vereinigte den Norden Chinas. Im weiteren Verlauf der Geschichte konnte Cao Cao seinen eigenen Einfluss auch innenpolitisch immer weiter ausbauen, bis er schließlich Macht über den Kaiser hatte. Dieser ernannte ihn zunächst zum Herzog und später, im Jahr 216 zum Fürst von Wei – dieser Titel konnte an die Familie weiter vererbt werden. Cao Cao starb am 15.03.220 in der Hauptstadt Luoyang. Und noch im selben Jahr zwang sein Sohn Cao Pi den Kaiser zu seinen Gunsten abzudanken. Damit war Cao Pi der erste Kaiser der Wei-Dynastie.
Xu Shu
Xu Shu wurde zunächst als Schwertkämpfer bekannt, wandelte sich aber später zum gelehrten Akademiker. Auch er wirkte während der Zeit der vergehenden Han und der Periode der Drei Reiche. In dem Roman die drei Königreiche, wurde er als Stratege Liu Beis genannt. Fakt ist, dass Xu Shu nach seinem Treffen mit Liu Bei zu hohem Ansehen gelangte. Liu Bei, war ein Widersacher Cao Caos. Cao Cao wiederum war beeindruckt von den Fähigkeiten Xu Shus und wollte ihn in seine Reihen rekrutieren. Dies gelang ihm erst, nachdem er Xu Shus Mutter gefangen nehmen konnte. Schweren Herzens verließ Xu Shu Liu Bei um seiner Mutter beizustehen.
Im Roman allerdings war die Gefangennahme Xu Shus Mutter lediglich eine Finte Cao Caos, der einen gefälschten Brief an Xu Shu schickte. Nachdem Xu Shu Liu Bei daraufhin verließ, wurde seine Mutter so wütend auf ihren Sohn, der sich von Cao Cao hatte täuschen lassen, dass sie sich das Leben nahm. Xu Shu blieb an Cao Caos Seite, aber er schwor, seinen neuen Herrn niemals zu beraten.
Der weiße Affe
Die Biografie des weißen Affen „Bu jiangzong bai yuan“ ist eines der drei Meisterwerke der frühen Tang-Dynastie (618 bis 907).
In der Geschichte des weißen Affen wird eine Frau von einem weißen Geisteraffen geraubt, und später durch ihren Mann aus dem Palast des Affen befreit. Der Affe verlor dabei sein Leben und die Frau gebar danach ein Kind, dass dem Affen sehr ähnlich sah und ein berühmter Kalligraf wurde. (Die Geschichte ist Fiktion, das Kind mit Namen Ouyang Xun (557-641) hingegen, war tatsächlich einer der größten Kalligraphen der frühen Tang Periode – es könnte sich hier um eine Satire handeln, soll er doch hässlich wie ein Affe gewesen sein).
Der weiße Affe war ein Freigeist, der sich nahm was er wollte ohne sich an die gesellschaftlichen Regeln zu halten. Er war ein Säufer, ein begnadeter Fechtkünstler und sexuell unersättlich. Er aß rohes Fleisch und trank das Blut der Hunde. Er lebte fern ab der Zivilisation in seinem Palast tief im Dschungel, wohin er auch die vielen Frauen brachte, die er raubte und entführte. Er war stark, wild und nahezu unverwundbar. Und fliegen konnte er auch noch. Er hatte aber auch einen gewissen Grad an Bildung, er konnte lesen und schöne Reden halten und beeindruckte damit die Frauen, die er sich ins Bett holte.
Bei seinem Tod klagte er im Sterben: „Der Himmel hat mich verlassen, nicht aber meine Kriegskunst“.
So steht der weiße Affe in unserem Sinne für Stärke und Wildheit, für das Barbarische und für seine treffliche Kampfkunst. Guan Yu, der General Guan hat den Ehrenplatz der ersten Figur unserer Chen Hellebarden-Form inne. Er steht ebenfalls für Stärke und Kraft, aber im Gegensatz zum weißen Affen, steht er für einen rechtschaffenen Charakter, für Treue und Demut.