Chen-Taiji Waffen Die Säbelform: Die Chen-Stil Taijiquan Waffenformen im Detail: Die Säbelform - chen shi tai ji dan dao (WCTAG)
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Die Chen Säbelform
Die Säbelform mit ihren 23 Figuren ist die wohl kürzeste überlieferte Form des Chenstil. Sie ist sehr dynamisch und lässt sich in wenigen Minuten durchlaufen. Der Säbel, das große Messer, ist eine der ältesten Waffen überhaupt, von dem Stock einmal abgesehen. Er wurde auf den Schlachtfeldern eingesetzt. Er ist robust, effektiv und einfach zu handhaben (im Vergleich zu den anderen Waffen). Mit dem Säbel ließen sich wohl relativ schnell Krieger für die Schlacht ausbilden. Der Säbel wird auch als Doppelwaffe verwendet (also zwei Säbel). Benutzt man den Säbel als Einzelwaffe, so übernimmt die andere Hand, die linke leere Hand, einige der Aufgaben, welche in der Doppelform dem zweiten Säbel zufallen.
In der Chen-Säbelform finden sich unter anderem hackende, stechende und schneidende Bewegungen. Man übt das Aufnehmen, Umleiten, das Angreifen und Abwehren. Es finden sich Sprünge um den Raum zu verkürzen, Sprünge um den Gegner herum, auch mit dem Ziel in seine Flanke oder Rücken zu kommen. Es gibt Stiche, die Verwendung finden können, um hinter und über den Schild eines Feindes im Gerangel zu kommen. Man greift von oben oder von unten an, attackiert von vorne, weicht zurück und stürmt voran usw. usw. All diese Techniken lassen sich bei Bedarf Varieren und Anpassen an die Gegebenheiten und Bewaffnung des Gegners.
Doch in der Hauptsache besteht der Sinn und Zweck dieser sehr kurzen Form des Chen Gongfu im Gefecht gegen den Speer. Man erkennt deutlich, daß diese Form dem Schüler die Grundlagen für den Kampf gegen einen mit Speer bewaffneten Gegner vermitteln soll. Diese Grundlagen sind hier recht einfach zu vermitteln und bieten meiner Meinung nach einen guten Einstieg in unsere Waffenlehre. So unterrichte ich gut 80 Prozent unserer Chen Taijiquan Säbelform als Anwendung gegen den Speer. Beherrscht man den Säbel als Einzelwaffe, kann man sich nach und nach an den Doppelsäbel heranwagen. Hier wird dann die Säbellehre in unserem Chen Gongfu komplettiert. Doch schon die Einzel Säbelform gibt uns ein gutes und ausreichendes Rüstzeug der Verteidigung gegen einen mit Speer bewaffneten Gegner an die Hand. Es lohnt sich daher durchaus, sich mit dieser Chen Taijiquan Waffenform auseinander zu setzen.
All dies zeigt deutlich den Charakter der Waffe und des Kämpfers der sie verwendet. Es zeigt sich eindrucksvoll der Bezug unseres Gong Fu zu den praktischen Kampfkünsten in der Schlacht. Die Kampfkunst der Schlacht verfolgt nur ein Ziel: Den Gegner zu vernichten! Das ist der Hintergrund dieser Taijiquan Waffenform. In den heutigen, modernen Zeiten ist dieser Hintergrund nur noch für Liebhaber alter Kampfkünste von Bedeutung. Da diese Form aufgrund der Schnelligkeit ihrer Bewegungen Ausdauer und Kondition fördert, macht es durchaus auch Sinn, sie regelmäßig zu laufen - selbst wenn man sich nicht für ihren kämpferischen Bezug interessiert.
Als Kriegswaffe jedoch hat sie schon lange ihre Bedeutung verloren. Wir Menschen des 21. Jahrhunderts leben in einer zivilisierten und weniger blutrünstigen Zeit und haben gelernt, unsere Feinde sauber zu killen. Wir zerstückeln unsere Feinde nicht mehr mit dem Säbel im kräftezehrenden Nahkampf - wir zerfetzen ihre Leiber mit Minen, Bomben und Schusswaffen aller Art. Und das ist schon die nette Variante!
Wirkliches Gong Fu (Kung Fu), wirkliches Interesse an der historischen Kampfkunst gleich welchen Stils ist die Schulung des Pazifismus, der Friedfertigkeit. Wir lernen Ausgeglichenheit und festigen unseren Körper und Geist durch fortwährendes üben und studieren unserer sehr tiefgründigen Kunst - das macht uns ungeeignet als gehorsames Instrument zum Töten irgendwelcher "Feinde" missbraucht zu werden! Wir entwickeln unseren Körper, Geist und Verstand! Wir lernen Freiheit und das beinhaltet auch anderen Lebewesen diese Freiheit ihrer eigenen Existenz zu gewähren. Also nicht vergessen: Der wahre und universelle Inhalt des Taijiquan ist Blockaden zu lösen, Kräfte abzuleiten ohne sie zu stauen.
Geschichte einiger Figuren der Säbelform
Su Qin
Su Qin (380v. Chr. - 284 v. Chr.) war ein einflussreicher politischer Stratege während der Zeit der streitenden Reiche (476 -220 v. Chr.). Er war einer der wichtigsten Vertreter der Vertikalen Allianz – ein Bündnis gegen den Staat von Qin (demgegenüber stand das Horizontale Allianz-System zur Unterstützung der Qin). Als er nach jahrelangen Reisen und Studieren wieder nach Hause kam, erkannte ihn weder seine Frau noch Eltern wieder. Daraufhin schloss er sich in seinem Zimmer ein um weiter zu studieren. Um dabei nicht einzuschlafen, stach er sich mit einem spitzen Gegenstand ins Bein. Daher kommt der Spruch: „Eifrig und unermüdlich Studieren“. Wir stellen also fest: Su Qin war ein alter Streber! (Die Praxis, sich ins Bein zu stechen um nicht einzuschlafen während des Studieren ist für mich nicht gerade ein Zeichen für Ausgeglichenheit).
Yecha
Ein Yecha, oder auch Yaksha, ist ein Naturgeist. Die Figur des Yecha findet sich in vielen ostasiatischen Ländern. Ursprünglich stammt die Figur wohl aus Indien. Schon im alten Indien wurden die Yakshas als halbgöttliche Wesen, als Berg- oder Baumgottheit, als Fruchtbarkeitsdämon und Schutzgeist verehrt. Der Yecha war ein monströs aussehender kleiner Teufel in der chinesischen Mythologie. Er sah aus wie ein kleiner Kobold mit hervorstehenden Zähnen und zerzausten Haaren. Yakshas / Yechas finden sich oft als monumentale steinerne Wächterfiguren. Sie wurden aber auch als dämonische Figuren beschrieben, die in der Wildnis, in freistehenden Bäumen und auf verlassenen Ebenen hausten und Reisenden Probleme bereiten konnten - sie galten auch als Fleisch fressende Dämonen. Yakshas werden oft mit dicken Bäuchen dargestellt, Yahshinis (also die weiblichen Yechas) zeigen sich als verführerische Frauen mit üppigen Brüsten. Dies ist ein Zeichen ihrer enormen Menge Lebensenergie, ihres Qi. Sie waren also sehr vitale Dämonen die durchaus auch ungemütlich werden konnten, begegnete man einem von ihnen. Aufgrund ihrer Verbundenheit zur Natur und ihres halb göttlichen Wesens konnten sie durchaus auch hilfreich sein, die Natur zu besänftigen und wurden entsprechend verehrt.
Die weiße Schlange
Die Schlange gilt in der Symbolik allgemein als negativ, übelwollend, zerstörerisch, hinterlistig und verschlagen. Sie symbolisiert Kriecherei. Die Schlange ist das sechste der Symboltiere der Zwölf Erdstämme. (Die zwölf Erdstämme sind quasi die Tierkreiszeichen der chin. Astrologie, es gibt einen Zyklus von zwölf Jahren, der mit der Ratte beginnt. Danach kommen Büffel, Tiger, Hase, Drachen, Schlange, Pferd, Schaf, Affe, Hahn, Hund und Schwein).
Auch wenn ich nicht sicher sagen kann, ob und in wie weit unsere weiße Schlange in der Säbelform etwas mit der weißen Schlange der folgenden chinesischen Legende zu tun hat, so möchte ich diese der Vollständigkeit wegen kurz erwähnen:
Die "Geschichte der Weißen Schlange"
Diese Geschichte spielt am Westsee in der ostchinesischen Stadt Hangzhou. Im Mittelpunkt stehen eben dieser Westsee, eine weiße Schlange, die nach 1000 jähriger Meditation erwachte und sich in eine schöne Frau verwandelte, ihrer Freundin - einer grünen Schlange, die ebenfalls nach nur 500 Jahren Meditation die Gestalt einer Frau annahm – wenn auch nicht so schön, ein böser Mönch und ein unschuldiger Mann namens Xu Xian.
Der Mann traf die weiße Schlange in Frauengestalt auf der Duanqiao-Brücke, beide verliebten sich, und die Frau / weiße Schlange wurde Schwanger. Die Geschichte könnte hier ein glückliches und langweiliges Ende nehmen, wäre da nicht der Mönch. Dieser offenbarte dem Mann die wahre Gestalt seiner schwangeren Frau, der daraufhin erschrak und sterbenskrank wurde. Die weiße Schlange ging ins Gebirge um Medizinkräuter zu besorgen, was nicht einfach war – sie musste gegen Wächter kämpfen um die Kräuter zu bekommen. Der Mann wurde wieder gesund, aber der Mönch machte ärger. Es kam zum Kampf, den die Schlange aufgrund ihrer Schwangerschaft nicht gewinnen konnte. Sie wurde eingesperrt und später von ihrer Freundin der grünen Schlange befreit. Dabei wurde der See ausgeleert, der Tempel des Mönchs auf den Kopf gestellt - und am Ende ging doch alles gut aus für Liebenden (glaube ich). Und bla bla ewig lange Geschichte, die den Westsee und die Duanqiao-Brücke sehr berühmt gemacht hat.